Oregon

Meilen 1720 – 2150

Oregon – zwischen Streckenrekord, Seen-Paradies, Berg-Ikonen und Mücken-Apocalypse. Der aktuelle Rekord für den PCT Abschnitt in Oregon liegt seit über 10 Jahren bei 7 Tagen und 22 Stunden. Der Rekordhalter Bubbles ist mit seiner Frau Karma am gleichen Tag an der Grenze zu Mexiko gestartet wie wir. Wir haben also gedacht, den Rekord nehmen wir einfach mal mit wenn wir schon mal hier sind. Wir hatten das Ding auch eigentlich schon im Sack, aber dann trafen wir direkt nach der Grenze zu Kalifornien nach etwa 3 Meilen auf 2 Schneefelder. Das hat uns dann leider am Ende circa 16 Tage mehr gekostet. Vielleicht also beim nächsten Mal.

Nach diesem unerwarteten Rückschlag kamen wir nach zwei Tagen in Oregon in der Stadt Ashland an. Dort haben wir die Independence Day Parade mitgenommen und haben einen Tag Pause gemacht. Von Ashland hatten wir uns auch wieder ein Versorgungspaket vorgeschickt, nach Crater Lake. 

Trail Angel Kitchy, eine nette ältere Dame, fuhr uns zurück an den trailhead. Wir sind jetzt seit Oregon die meiste Zeit zu dritt unterwegs. Wir haben uns mit Geode (Streetname Nolan) zusammen gefunden, einem netter Informatiker aus Seattle. So wandert es sich ganz lustig in unserer Dreiergruppe.

Oregon ist von der Landschaft her erstmal flacher, zwar immer noch hoch, aber nicht so steil. Wir wandern durch viel Wald und an vielen Seen vorbei. 

Nach ein paar Tagen dann als wir mitten im Nirgendwo im Wald einen Highway passieren (Dead Indian Road) dürfen wir nochmal richtig coole trail magic erleben! Danke Oregon! Wir treffen Trail Angel Kitchy wieder, die zusammen mit anderen Trail Angels Burger für uns PCT hiker grillen. So lecker! Es gibt Obst und Cola, Fanta, Sprite und andere Leckereien. Sogar mobile Duschen und Hängematten haben sie für uns hiker mitgebracht. So eine Wahnsinns trail magic haben wir lange nicht mehr erlebt. 

Aber dann ist es auch schon soweit! Wir erreichen unser nächstes großes Ziel: Crater Lake, ein Meilenstein und Highlight auf dem Pacific Crest Trail. Der Crater Lake ist ein riesiger See in einem riesigen Krater, Durchmesser 9,6 km. Streng genommen ist dieser Krater auch nur das Ergebnis eines eingestürzten, in sich kollabierten Vulkans. Es war nicht nur ein Highlight an sich am berühmten Crater Lake zu stehen, sondern auch einfach unglaublich zu sehen, wie blau das Wasser war und angeblich das beste und sauberste Wasser, was man in den USA trinken kann. Wir sind dann hier einige Zeit an der Kraterkante entlang gelaufen und durften am nächsten Tag den Sonnenaufgang über dem Crater Lake beobachten. Was für ein Naturschauspiel. 

Wir lassen Crater Lake hinter uns und laufen weiter auf dem PCT. Oregon glänzt mit wunderschönen Seen und imposanten Bergspitzen. Aber die Mückenschwärme, die einen auf ganzen Etappen von allen Seiten attackieren können echt eine Plage sein! Wir hatten in Ashland eine Dose Anti-Mückenspray gekauft, aber leider war diese eine Dose zu wenig für uns beide auf der Strecke. Und zu allem Überfluss war der Camper Shop vor Crater Lake (wo wir unser Versorgungspaket hingeschickt haben und gehofft hatten neues Mückenspray zu kaufen) komplett ausverkauft an besagtem Spray. Während David sich also um unsere Versorgungspakete kümmert und Nolan zur Ranger Station für eine Camping-Erlaubnis für uns drei fährt, spricht Miri Auto -Reisende auf dem Parkplatz vor dem Camper Shop an und fragt höflich, ob man ihnen ihr Mückenspray abkaufen kann. Die Ausbeute ist nicht schlecht. Wir sind jetzt bewaffnet mit einer fast vollen und 3 halb-vollen Anti-Mückensprühdosen und mussten keinen Cent dafür bezahlen, die Leute haben sie uns einfach geschenkt und wir waren unendlich dankbar!

Die kristallklaren Seen von Oregon sind einfach der Hammer! Fast jeden Abend gehen wir schwimmen in den schönsten Seen und das beste ist, draußen auf dem Wasser sind dann erstaunlicherweise keine Mücken und man kann in Ruhe schwimmen. Was für eine willkommene Abwechslung. Und oft sehen wir schneebedeckte Bergemassive nah und fern. 

Wie kann man sich das sonst noch mit den Mücken vorstellen? Morgens Zelt abbauen, da haben wir dann unsere komplette Regenkleidung an und ein Mückennetz auf dem Kopf. Da können die Viecher nicht durchbeißen. Später am Tag wird es natürlich viel zu heiß in der Regenkluft und darin zu wandern, da sind wir dann komplett mit Mückenzeug eingesprüht. Auch wenn wir abends das Zelt aufbauen, verschwinden wir alle sofort im Zelt und nehmen unser Abendessen im Zelt ein, um ungestört essen zu können. Beim Laufen geht es meistens, wenn man schnell genug ist, kann der Schwarm manchmal nicht mithalten. Unangenehm wird es sofort, wenn man stehen bleibt, dann stürzen sich die Mücken auf einen. Dementsprechend kann man sich vorstellen, wie es ist, wenn man mal auf Toilette muss hier draußen im Oregoner Wald. Wir belassen es einfach bei traumatischen Klogängen und wollen nicht näher darauf eingehen. Männliche hiker berichten von schwierigen Pinkelversuchen und auch Davids bestes Stück blieb leider nicht von Mückenstichen verschont. 

Wir machen einen Tag Pause in Bend. Es gibt ein Satz neue Wanderschuhe für David und Miri und wir decken uns ordentlich mit Mückenspray ein. Wir lernen Nolan’s liebe Familie kennen. Seine Mutter kam extra aus Washington und hatte uns drei vom Trail abgeholt und auch wieder zurückgefahren. 

Es geht weiter auf dem Trail und hier und da müssen wir tatsächlich auch nochmal über Schnee laufen, aber das war alles nichts wildes. Wir laufen weiter durchs schöne Oregon und genießen die Sonnenauf- und untergänge, die auch so ziemlich unseren Tagesrythmus bestimmen. Wir stehen jeden Tag um 5 Uhr auf und sind dann meistens gegen halb 6 fertig gepackt und wandern los. Um die Zeit geht dann auch die Sonne und wir bewundern jeden Morgen wie sich Bergspitzen orange färben und die sonne über den Horizont klettert. Oder wenn man mal im dichten Wald ist, wie die Sonne durch die Bäume blinzelt. Es ist herrlich jeden Tag der Natur beim Aufwachen zuzusehen. Und Abends wenn der Horizont die prächtigen rot und lila Töne annimmt, genießt man einfach den Moment und vielleicht liegt man schon im Schlafsack, aber schaut einfach so lange aus dem Zelt in den Horizont hinaus bis einem die Augen zufallen.

Ein sehr berühmtes Highlight auf dem Trail ist die Timberline Lodge, eine historische Berghütte und Beispiel für die hiesige Zimmermannskunst vor 100 Jahren. Die Lodge liegt direkt am Trail und bietet ALL YOU CAN EAT Frühstücks Buffet an. Wir denken schon 5 Tage vorher an nichts anderes mehr. David kann sich leider nicht beherrschen und übertreibt es etwas, sodass er nach dem Frühstück jammernd im Liegestuhl liegt und sich kaum bewegen kann. Aber nach 4 Stunden liegen kann es in gemütlichem Tempo weiter gehen. 

Wir sind direkt an vielen imposanten Vulkanen vorbeigelaufen. Aber sehr beeindruckend waren Mount Jefferson, Mount Washington, the Sisters, Three Fingers Jack und einige mehr. Wir hoffen die Bilder sprechen für sich. 

Manchmal sind wir auch wieder durch komplett verbrannte Gebiete gelaufen, wie den Deschutes National Forest, der letztes Jahr stark gebrannt hat. Hier war alles voller Asche und kaum ein Baum stand mehr hier. Komplette Verwüstung. Der Vorteil durch ein verbranntes Gebiet (eine burned area) zu laufen, liegt aber darin, dass dann die Mücken verschwinden. Nachteil: Wir müssen über viele umgestürzte Bäume klettern. Einen Tod musste immer sterben in Oregon. That’s for sure. 

Auch wieder Tierbegegnungen sind dabei. Einmal begegnen wir einer Gruppe Hirsche oder neugierigen Chipmunks und Vögeln. 

Ansonsten kann man sagen, dass die Mücken in Zentral-Oregon am schlimmsten waren, aber je mehr wir uns Washington nähern desto weniger aggressive Mückenschwärme umzingeln uns und wir können mal wieder außerhalb des Zeltes gemeinsam mit Nolan und anderen hikern Abendessen.

Unser Ziel und Meilenstein: Die Bridge of the Gods am Columbia River überqueren und damit den Bundesstaat Washington erreichen. Wow und am 25. Juli haben wir es tatsächlich geschafft! Unser Freund Nolan hat uns eingeladen, bei seiner Mutter zu bleiben in Washington zu bleiben und so machen wir 2 Tage Pause in White Salmon. Die Zeit brauchen wir auch um die nächsten 800 km zu planen. Wir müssen 4 Versorgungspakete vorschicken, so viele wie noch nie. Und es sind nur noch 800 km bis Kanada. Washington wir sind gespannt auf dich und die Northern Cascades! 

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